Flashback: Ein Erlebnisbericht von Volontär Max

Hallo, ich bin Max und war ein paar Monate lang als Freiwilliger beim skate-aid Projekt in Windhoek, Namibia.

Um euch etwas Kontext zu geben:
 - Ich war noch nie in Afrika
 - Ich kenne niemanden in Afrika
 - Ich skate seit ich 11 Jahren und das immer noch leidenschaftlich.

Als ich nach Windhoek aufbrach, mit mehr Gepäck als ich tragen konnte, gingen mir einige Dinge durch den Kopf und einige davon machten mich ziemlich nervös. Ich würde tatsächlich im skate-aid und Global Experience Projekt in Windhoek als Freiwilliger arbeiten und im Optimalfall könnte ich etwas über das Skateboarden vermitteln, das mir in meinem eigenen Leben sehr geholfen hat. Das Projekt in Windhoek ist etwas Besonderes. Es befindet sich am Nationalen Institut für Sonderpädagogik, das aus Schulen und Wohnheimen für geistig-, hör- und sehbehinderte Kinder besteht. Als ich diese Reise angetreten habe, war mir klar, dass ich für eine Gruppe von Kindern verantwortlich sein würde, von denen einige nicht hören können, wenn ich spreche, während andere nicht sehen können, wenn ich gestikuliere. Das schüchterte mich im Vorfeld schon ein wenig ein. Trotzdem war ich begeistert von dieser Herausforderung. Als ich versuchte, mich mental vorzubereiten, dachte ich daran, wie ich Skateboarding wahrgenommen hatte, als ich zum ersten Mal damit in Berührung gekommen bin. Ich habe als Kind damit angefangen, weil es im Vergleich zu anderen Dingen etwas Magisches zu haben schien. Wenn man zum ersten Mal jemanden sieht, der einen Kickflip macht, sieht das wahrscheinlich mehr wie ein Zaubertrick aus als alles andere. Wie erklärt man jemandem, der nicht sehen kann, einen Kickflip? Wie erklärt man jemandem, der nicht hören kann, wie das geht? Wie ist das Leben in Afrika? Wie ist das Leben als Skateboarder in Afrika? Nicht lange nach meiner Landung war ich schon im Skatepark, um den gespendeten Stuff, den ich mitgebracht hatte, abzuliefern. Ich konnte keine Zeichensprache, kein Afrikaans, kein Khoekhoegowab, kein Oshiwambo und hätte wahrscheinlich nicht einmal den Weg zurück zum Hostel gefunden, in dem ich gewohnt habe. Im Park war ich mit Mikey verabredet, dem Local, der das skate-aid-Projekt leitete und scheinbar alle der oben genannten Sprachen und auch alle Kinder persönlich kannte. Es war großartig, ihn dabei zu haben, da es für die Kids weniger befremdlich war, einen neuen Freiwilligen zu treffen und es half mir definitiv auch bei der Kommunikation. Ich merkte bald, dass meine Nervosität unnötig gewesen war. Einige der Kinder waren auch ganz aufgeregt mich zu treffen, aber das war schnell vergessen. Es gab neue Skateboard-Stuff, Schuhe, Shirts und das direkt hier im Skatepark. Wem passten welche Schuhe, welches Board sieht am coolsten aus und wie fühlt sich das Skateboarden mit all diesen Dingen an? Währenddessen schienen die Sprachbarrieren zu verschwinden. Später an diesem Tag erinnerte ich mich an Dinge, die sie mir "erzählt" hatten, konnte mich aber nicht mehr daran erinnern, wie sie das gemacht hatten, ohne zu sprechen. Ich erhielt meinen Zeichensprache-Namen, "Max mit der großen Nase". Ich war mir nicht sicher, ob man sich über mich lustig gemacht hatte, aber sobald man einen Namen hat, ist das eben so. Mir wurde klar, dass diese Namen etwas sehr Ehrliches an sich haben und dass es keinen Sinn hat, sie ändern zu wollen. Mir wurde auch klar, dass dieser Tag, wie ein vorgezogener Weihnachtstag für die Kids war und großen Einfluss auf die kommenden Monate haben würde. Sie konnten sich Ihre nächsten 3 Monate vorzustellen…z.B.mit Schuhen auf einem Skateboard! Ein gebrauchtes Brett würde zu Hause niemanden mehr interessieren. Das gleiche Brett bringt hier einem jungen Mädchen/Jungen unglaubliche Freude! Nach ein paar Wochen, in denen ich jeden Tag im Skatepark war, hatte ich einen guten Eindruck von der Gruppe bekommen. Lesley und Tangeni, von dem ich meinen charmanten Namen habe, sind zusammen mit vielen anderen Kids jeden Tag im Skatepark. Sie skaten zusammen und unterstützen sich gegenseitig. Jeden Tag machen sie Fortschritte, fordern sich selbst und untereinander heraus. Es ist leicht zu erkennen, dass sie besser werden wollen. Sie hatten bereits einen Drang zum Skaten entwickelt, der von allem, was von außen kommt, losgelöst ist. Sie wollen besser werden. Im Moment ist es das Skateboarding. Irgendwann wird es vielleicht etwas anderes sein. Eine andere Leidenschaft, ein Job oder sogar eine Beziehung. Aber sie lernen, was es braucht, in etwas besser zu werden. Auf ihre eigene Art, Weise und in ihrer Geschwindigkeit. Ohne dass ihnen jemand einen Weg vorgibt. Das ist etwas, das sie aus den Skate-Sessions im  Park mitnehmen können.  The Global Experience, der Partner, der den Park zusammen mit skate-aid gebaut hat, kam mit einer Gruppe von Kindern aus der deutschen Partnerschule nach Windhoek. Sie wollten unbedingt wieder etwas für den Skatepark tun und verpassten den Obstacles einen neuen Anstrich, so dass er wie ein ganz neuer Park aussah. Das brachte eine Menge Kids in den Park, die sich sehr freuten, Kids aus dem Ausland in ihrer Heimat begrüßen zu können. An einem der Tage im Park sah ich eins der Kinder, das mich fragte, ob sein Freund auch zum Skaten kommt. Normalerweise hätte er das selbst gewusst, denn sie wohnten zusammen im Schulwohnheim. Nach einigen Bemühungen mit der Zeichensprache erfuhr ich, dass er in der Schule Ärger bekommen hatte und aus dem Wohnheim der Schule geworfen worden war. Er schien sehr verärgert darüber zu sein und wollte nicht weiter darüber sprechen. Er kam, um zu skaten und mit seinen Freunden zusammen zu sein. Viele haben Skateboarding als ihre Flucht vor dem wirklichen Leben bezeichnet und das scheint hier nicht anders zu sein. Wenn mal etwas schiefläuft, kann man immer noch skaten gehen. So kannst du deine Gedanken neu ordnen, die Probleme vergessen und dich auf etwas Positives konzentrieren. Ich bin jeden Tag in den Skatepark gegangen und es war zu meiner neuen Normalität geworden. Aber gerade, als ich mich an den neuen Rhythmus gewöhnt hatte, sollte sich alles wieder ändern. Mikey, der jeden Tag mit mir im Park war, sollte zum ersten Mal nach Deutschland fliegen. Smallz (Tangeni Hamukoshi), ein befreundeter Skater, übernahm die Verantwortung für das Projekt und hatte die Kinder schon ein paar Mal getroffen. Joshi, der neue Freiwillige, kam nur eine Woche nach Smallz' erstem offiziellen Tag im Projekt an. Da Mikey nicht mehr da war, sonders bereits in Deutschland war, war es plötzlich an mir, alle herumzuführen. Und wieder war da eine Gruppe von Kindern, die sich darauf freute, einen neuen Freiwilligen kennenzulernen, der quasi ins kalte Wasser geworfen wurde. Skateboarding lehrt jeden, der sich wirklich darauf einlässt, einige Lebensweisheiten, die in gleicher Weise auch für andere Aspekte des Lebens gelten. Wenn du verstehst, wie du dich dazu bringen kannst, einen neuen Trick auf deinem Skateboard zu lernen, kannst du dir wahrscheinlich auch andere Dinge positiv angehen. 
- Es wird wahrscheinlich nicht auf Anhieb klappen. 
- Du wirst Phasen der Frustration durchlaufen. 
- Du kannst deinen Weg zum Endergebnis nicht überstürzen oder abkürzen. 
- Du arbeitest nicht gegen jemand anderen, sondern für dich, aber du kannst jederzeit Hilfe annehmen, wenn du sie brauchst. 
Ich habe mir so viele Dinge überlegt, die ich den Kindern im Park unbedingt erklären und vermitteln wollte. Am Ende habe ich das Gefühl, dass ich mehr von den Kindern gelernt habe, als ich ihnen vermitteln konnte. 

Vielen Dank an skate-aid, alle bei NISE, Mikey, Gabu, Tobi, alle Kids, Adrian, Summer, Lorenzo und alle anderen.